Selbstständig, freischaffend, Freelancer:in, Gig Worker:in: Kennst du den Unterschied?

Autorin: Nicole

Angestellte haben es leicht. Für sie gibt es eine einzige Bezeichnung. Ja, du vermutest richtig: Festangestellte. Doch was ist mit all jenen, die ohne eine feste Anstellung arbeiten? Für uns gibts ein ganzes Arsenal an Namen: Freischaffende, Selbstständige, freie Mitarbeitende, Freelancer:innen, Freiberufler:innen, Gig Worker:innen, Entrepreneuer:innen.

Wer sich wie bezeichnet, hängt vielfach von der Branche, der Art des Auftrags, der Plattform der Auftragsvergabe oder auch den eigenen Präferenzen ab. Freie Mitarbeitende finden sich beispielsweise häufig in der Medienbranche, Freelancer:innen triffst du regelmässig im Design-Bereich an und Gig Worker beschaffen sich ihre Aufträge auf Plattformen wie Upwork, Fiverr und – na, errätst du es? – über WeTalents.

Selbstständig oder unselbstständig?

Spätestens dann, wenn du dir eine Steuererklärung anschaust, merkst du aber, dass die meisten dieser Umschreibungen keine offiziellen Klassifizierungen sind. In der Schweiz unterscheidet man nämlich nur zwei Arten von Erwerbstätigkeit:

  • Unselbstständig Erwerbende sind gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Personen, die in untergeordneter Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit Arbeit leisten, ohne ein wirtschaftliches Risiko zu tragen.

  • Als selbstständig erwerbend gelten hingegen Personen, die unter eigenem Namen auf eigene Rechnung arbeiten, in unabhängiger Stellung sind und ihr eigenes wirtschaftliches Risiko tragen.

Soweit so bürokratisch. Menschenfreundlicher formuliert, heisst das grob: Sobald du dein: eigene:r Chef:in bist, selbstständig verschiedene Kunden an Land ziehst, mit diesen Preise und Deadlines verhandelst, mit deinen eigenen Arbeitsgeräten für sie Aufträge erledigst und dann in deinem Namen Rechnung stellst, entsteht dadurch ein Einzelunternehmen.

Herzliche Gratulation, du bist jetzt CEO deiner Firma. Das Praktische an dieser Unternehmensform ist, dass sie keine formelle Gründung verlangt und ein Eintrag ins Handelsregister erst ab einem Jahresumsatz von 100’000 Franken obligatorisch ist. Zudem brauchst du kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital. Es ist deshalb kein Zufall, dass so viele Neuunternehmer:innen erst mal als Einzelunternehmen starten, bevor sie die Gründung einer GmbH oder gar einer AG in Erwägung ziehen.

AHV-Ausgleichskasse bestimmt deinen Status

«Selbstständig werden, ist so einfach?», fragst du dich nun euphorisch. Nein, du Scherzkeks:in, natürlich nicht. Es wäre doch ganz und gar unschweizerisch, wenn du nicht immerhin ein paar Formularseiten ausfüllen müsstest, um ans Ziel zu gelangen. Ob du als Selbstständige:r anerkannt wirst, entscheiden nämlich nicht du und deine Auftraggebenden, sondern die AHV-Ausgleichskasse.

Dort musst du einerseits ein Formular ausfüllen und andererseits mithilfe von beispielsweise Rechnungen, Verträgen und anderen Belegen beweisen können, dass du bereits selbstständig arbeitest. Mit dieser Prüfung will die AHV unter anderem sicherstellen, dass du tatsächlich selbstständig bist und es sich nicht um eine sogenannte Scheinselbstständigkeit handelt – sprich: Ein Arbeitgeber versucht, sich auf deine Kosten Sozialleistungen und Versicherungsschutz zu sparen.

Huhn oder Ei: Was kommt zuerst?

Die Tücke: Um sich genau vor solchen Klagen zu schützen, verlangen viele Unternehmen, die mit selbstständigen Arbeitskräften zusammenarbeiten, eine Bescheinigung der AHV, die beweist, dass du als Selbstständige:r angemeldet bist und somit selber Sozialabzüge bezahlst. «Aber wie soll ich denn diese Bestätigung liefern, wenn ich zuerst Aufträge brauche, um überhaupt von der AHV als Selbstständige:r anerkannt zu werden», fragst du dich? Smart Cookie.

Das verlangt tatsächlich ein wenig Verhandlungsgeschick deinerseits und Vertrauen seitens deiner Kund:innen. Deshalb kann es sich lohnen, erst einmal mit Leuten zusammenzuarbeiten, zu denen du schon ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut hast oder die unbedingt mit dir zusammenarbeiten möchten.

Wer sich bei der Ausgleichskasse anmeldet, erhält bei Bedarf eine Eingangsbestätigung. Diese kann einem potenziellen Auftraggeber als Zusicherung dienen, dass du zumindest eine Anmeldung eingereicht hast. Eine tatsächliche Anerkennung der Selbstständigkeit garantiert diese aber selbstverständlich nicht. Daniela Aloisi, Leiterin Kommunikation der SVA Zürich, erklärt: «Der Entscheid Unternehmer:in zu werden, hat weitreichende Konsequenzen. Die Ausgleichskasse ist deshalb verpflichtet, sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Wichtig ist vor allem, dass man die Unabhängigkeit von Auftraggebern darlegen kann.» Als Nachweis verlange die Ausgleichskasse deshalb Belege für mindestens drei verschiedene Auftraggeber:innen. Dazu dienen beispielsweise Rechnungen oder Auftragsbestätigungen. Aber auch der Nachweis für Investitionen, die du getätigt hast, oder Marketing- und Werbemassnahmen sind wichtige Beilagen für deine Anmeldung. «Es geht nicht darum, möglichst viele Unterlagen einzureichen, sondern die richtigen», so Aloisi.

Es kann sich zudem lohnen, wenn du deine Selbstständigkeit erst einmal im Nebenerwerb startest. Auf ein Einkommen von bis zu 2300 Franken pro Kalenderjahr erhebt die Ausgleichskasse nämlich nur auf Verlangen Beiträge. So kannst du ohne grossen Aufwand die ersten Gehversuche als Selbstständige:r machen und musst dich nicht schon ab Tag eins durch den Admin-Dschungel kämpfen.

Tipp: Die SVA Zürich hat eine praktische Checkliste zusammengestellt, die dir eine Idee davon gibt, ob deine Arbeit als selbstständig oder unselbstständig eingestuft werden könnte.

 

Wie We Talents Selbständigkeit fördert