4 Freelancerinnen-Jahre – 5 Lebenslektionen

Autorin: Nicole

Bis vor vier Jahren war ich überzeugt: Selbstständigkeit ist nichts für mich. Zu sehr schätzte ich das vermeintlich sichere Einkommen, zu stark fürchtete ich die Unbeständigkeit des Freelancer:innen-Daseins. Hier und da mal ein Zusatzauftrag als Freie? Kein Problem. Aber den gesamten Lebensunterhalt damit bestreiten? Nie und nimmer!

Und trotzdem: Die Freiheit und Unabhängigkeit, der Luxus, mich nicht in das Korsett eines einzigen Unternehmens quetschen zu müssen, die Abwechslung, die Flexibilität – all das schien sehr verlockend. Was hatte ich schon zu verlieren?

Seit damals habe ich viel dazugelernt. Hier sind meine wichtigsten Erkenntnisse aus vier Freelancing-Jahren, weil #sharingiscaring.

1. (Fast) Niemand versteht dich …

«Hast du jetzt einen Job?», fragt eine Freundin zum fünften Mal in einem halben Jahr.
«Ich bin freischaffende Journalistin. Vergessen?», antworte ich.
«Ja, aber ich meine so einen richtigen Job.»
«Das ist ein richtiger Job. Ich hab total viel zu tun. Das Geschäft läuft grandios.»
«Ah, ja... wenn du meinst.»

Viele Festangestellte sind davon überzeugt, dass Selbstständigkeit ein Euphemismus für Arbeitslosigkeit mit Taschengeld ist. Und genau so ist es auch mit allen Höhen und Tiefen, die man als Freelancer:in durchlebt, den tausend Fragen, die man sich täglich stellt – für die meisten Festangestellten ist das Terra incognita.

Tipp: Versuchs erst gar nicht und besprich deine Freelancer:innen Sorgen stattdessen mit Leuten, die im gleichen Boot sitzen. Vielfach verstehen nur Freelancer:innen Freelancer:innen-Probleme.

2. Geld allein bringt auf Dauer kein Freelancer-Glück

Als Neo-Freelancer:in muss erst mal der Rubel rollen. Nicht in rauen Mengen, aber genug, dass einem nicht der kleinste Windstoss umhaut. Der Teufel steckt wie immer im Detail. Denn was ist schon genug? Blindlings jeden Auftrag anzunehmen, ohne zu überlegen, was einem glücklich macht, ist einfach; aus diesem Survival-Modus herauszufinden und gezielte Geschäftsentscheide zu treffen, hingegen eine echte Herausforderung.

Tipp: Sobald du ein finanzielles Polster von drei bis sechs Monatslöhnen hast, solltest du damit beginnen, dein Geschäft zu führen, statt dich von deinem Geschäft führen zu lassen.

3. Aufgepasst vor Klumpenrisiko

Hast du zu viele Kund:innen, läufst du Gefahr, ihnen nicht gerecht zu werden. Hast du zu wenig, ist das ein echtes Geschäftsrisiko. Die richtige Balance zu finden, ist deshalb eine der grössten Herausforderungen des Freelancer:innen-Daseins.

Tipp: Kein:e Kund:in sollte auf Dauer so dominant werden, dass dein Geschäft zusammenbricht, würde sie oder er wegfallen.

4. Zu viel oder zu wenig ist ein Dauerzustand

Entweder quillt die Auftragsliste über und man weiss kaum, wie man alles schaffen soll, oder sie ist endlich abgearbeitet und man sorgt sich um das nächste Gehalt. Dieser perfekte Moment, wenn die Rechnungen verschickt sind, eine nicht überwältigende Anzahl offener Aufträge auf der Liste warten und neue Aufträge in Sicht, aber noch nicht fällig sind – das kommt gefühlt all Schaltjahr vor.

Tipp: Warte nicht auf diese perfekten Momente, sondern freunde dich mit dem Gedanken an, dass Selbstständigkeit eine Aneinanderreihung an nicht perfekten Momenten ist, die mit viel Freiheit und Raum für Kreativität belohnt werden.

5. Die Sache mit der Freiheit

Am Mittwochnachmittag ins Fitnessstudio, weil es da weniger Leute hat, kurz mal ein verlängertes Wochenende einlegen, spontan verreisen oder sogar einige Wochen als Digital Nomad irgendwo auf einer exotischen Insel arbeiten? Für viele Freischaffende ist das durchaus möglich.

Tipp: Man muss es tun! Schnell ist es passiert und man ist ihm selben Montag-bis-Freitag-Trott gefangen wie alle anderen. Im Gegenteil zu Festangestellten kann man dafür nicht mal den blöden Chef oder die ignorante Chefin verantwortlich machen. Wer seine Freiheiten nicht nutzt, ist selber schuld.